Gott zerstört, um zu bauen
Wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickst du mich und streckst deine Hand über den Zorn meiner Feinde und hilfst mir mit deiner Rechten. Psalm 138, 7.
Als Gott seinen Sohn zum König machen wollte, fing er an mit großen Wundern und Kraft; aber da es am besten sein sollte, läßt er ihn am Kreuz sterben als einen verzweifelten Bösewicht; doch schaffte er’s so, daß er, als alle Vernunft an ihm verzweifelt hatte, hervor kommt und ewig König wird. Wie den Kindern Israel, als sie mitten im Tode standen ohne alle Hilfe und Rat, reißt er das Meer voneinander, daß sie trocken hindurchgehen. So geht es mit uns auch, wenn wir ihn anrufen, errettet zu werden vom Tode, so führt er uns erst hinein. Solches tut er nun darum, daß er die Vernunft zu Schanden mache, welche nicht glauben, sondern wissen will, wie, wo und wann, auf daß der Glaube Raum habe und lasse Gott machen. Gottes Werke sind nicht wie Menschenwerke, sondern ganz widersinnig; es geht also, daß, wenn etwas aufgehen soll, so geht es vorher unter.
Luther, Wegweiser, 24. April
Ihr müsset gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen. Matthäus 10, 22.
Man erkennt das heilige christliche Volk bei dem Heiligtum des Kreuzes, daß es muß alles Unglück und Verfolgung, allerlei Anfechtung und Übel vom Teufel, Welt und Fleisch ertragen, inwendig trauern, blöde, erschrocken, auswendig arm, verachtet, krank, schwach sein, leiden, damit es seinem Haupt Christo gleich werde. Und muß die Ursache auch allein diese sein, daß es fest an Christo und Gottes Wort hält und also um Christi willen leide. Sie müssen sein fromm, stille und gehorsam, bereit, mit Leib und Gut zu dienen der Obrigkeit und jedermann, niemand ein Leid tun. Aber kein Volk auf Erden muß solchen bittern Haß leiden; sie müssen ärger als Juden, Heiden, Türken, überhaupt, sie müssen Ketzer, Buben, Teufel, verfluchte und die schändlichsten Leute auf Erden heißen, so daß auch die einen Gottesdienst tun, von welchen sie erhängt, ertränkt, ermordet, gemartert, verjagt, geplagt werden und sich niemand über sie erbarme, sondern sie mit Myrrhen und Gallen dazu tränke, wo sie dürstet, und doch nicht darum, daß sie Ehebrecher, Mörder, Diebe oder Schälke sind, sondern daß sie Christum allein und keinen andern Gott haben wollen. Wo du nun solche siehst und hörst, so wisse, daß da die christliche Kirche sei. Matthäus 5, 11.
Luther, Wegweiser, 19. April